Bei uns ist alles besser.

In Südtirol - aber auch in vielen anderen europäischen Ländern, wie Österreich - ist man der Meinung, dass es den Tieren gar nicht so schlecht geht, wie es in den Videos der TierschützerInnen immer dargestellt wird.


Deshalb will ich in diesem Text kurz 3 wichtige Punkte diesbezüglich beleuchten:

  • Woher stammen die in Südtirol konsumierten tierischen Produkte wirklich?

  • Ergeht es den Tieren in Südtirol tatsächlich besser?

  • Wie schaut es mit der Umweltthematik hierzulande aus?


Zu allererst will ich betonen, dass ich keine Bauern attackieren will. Ich weiß, dass sie harte und wichtige Arbeit leisten, und dafür bin ich dankbar. Mir ist auch bewusst, dass die meisten Bauern für ihre Tiere das Beste wollen. Darin findet sich aber schon der erste Widerspruch.

Leider - teils unserem Egoismus, teils unserer Kultur geschuldet - verstehen die wenigsten, dass wir Tiere nicht lieben und sie gleichzeitig ausbeuten und töten können. Würde ich tatsächlich das Beste für meine Tiere wollen, würde ich sie nicht schlachten, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Ich verstehe, dass Bauern finanziell darauf angewiesen sind und oft keine Wahl haben. Aber als Gesellschaft haben wir die Wahl. Einige Selbstversorger-Betriebe, wie Ackerland Tanas, machen es bereits vor, indem sie von tierischer auf eine komplett pflanzliche Landwirtschaft umgestellt haben.

Bild: Alessio Furlan/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Schauen wir uns den ersten Punkt an. Wir sind immer so stolz auf unsere Südtiroler Qualitätsprodukte. Laut dem zuständigen Landesrat Arnold Schuler liegt die Südtiroler Eigenversorgung von Schweine- bzw. Geflügelfleisch bei 2,8% bzw. fast 0%. In anderen Worten het das also: wenn du wirklich nur Speck von Südtiroler Schweinen essen würdest, dann bleiben dir 1-2 Scheiben Speck pro Jahr. Woher stammt dann der ganze restliche Speck? Aus genau der grausamen Massentierhaltung, die wir in Videos von Tierschützern gezeigt bekommen. Und die wir alle kollektiv verabscheuen. In den Videos will keiner hinschauen. Auf den Tellern ist es aber jedem egal.


Gehen wir weiter in den Supermarkt. Überleg dir mal, wie viele der Produkte, die du normalerweise kaufst, tierische Bestandteile enthalten. Von Backwaren über Süßigkeiten, Müsli und sogar Chips - Milchbestandteile oder Eier finden sich überall. Auch wenn du gar nicht daran denken würdest. Wenn du also nicht aktiv darauf schaust, solche Produkte zu vermeiden, dann bist du leider Komplize der Massentierhaltung.

Also selbst wenn du Fleisch tatsächlich nur beim Bauern nebenan einkaufst und dadurch in dem Glauben lebst, dass du deine Produkte nur aus heimischer Quelle beziehst - du bist weiterhin Teil des Problems. Bewusst oder unbewusst.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Machen wir mit der Südtiroler Milch weiter. Sie macht uns stolz, weil sie von glücklichen Milchkühen auf unseren Almen produziert wird. Aber das ist Marketing. Was vielen nicht aktiv bewusst ist, ist dass jede Kuh zuerst ein Kalb gebären muss, damit sie Milch produzieren kann. Selbst auf der schönsten Alm Südtirols wird eine weibliche Kuh nicht immer von alleine schwanger. Das heißt, auch bei uns werden Kühe künstlich besamt. Und auch bei uns muss man einer Kuh gleich nach der Geburt ihr Neugeborenes entreißen, wenn man an ihre Milch will. Die Kälber werden anschließend monatelang in kleinen, engen Boxen eingesperrt und mit Milchersatzprodukten ernährt (diese enthalten oft Palmöl, das nicht nur für die Abholzung der globalen Regenwälder, sondern auch für die Vertreibung indigener Völker weltweit verantwortlich ist). Ein kleines, ängstliches, unschuldiges, seiner Mutter entrissenes und eingesperrtes Lebewesen ist der Preis für die Milch in unserem Kaffee. Das Umfeld mag also schöner sein, aber die Praktiken der Milchgewinnung sind die gleichen - ob Massentierhof oder Almbetrieb.

Und wie ich oben schon beleuchtet habe - Milchprodukte finden sich in einer Vielzahl an verarbeiteten Lebensmitteln wieder. Und diese Milch stammt nicht aus Südtiroler Betrieben. Genauso wie die Mozzarella auf deiner Tiefkühlpizza oder die Kasspatzln auf der Skihütte. Es steckt so viel mehr Leid hinter unseren Lebensmitteln, als es die meisten wahrhaben wollen.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Auch männliche Kälber gehören übrigens zu den Nebenprodukten der Milchindustrie. Da die Nachfrage nach Kalbsfleisch bei uns nicht so groß ist, werden die jungen Kälber oft wochenlang unter grausamen Bedingungen ins Ausland verschifft - weil es oft billiger ist, als die Tiere hier zu schlachten und zu verarbeiten. Erst vor Kurzem wurde das Schicksal männlicher Kälber aus Österreich offengelegt, die in den Libanon verschifft und dort halal geschlachtet werden. Dabei werden den jungen Kälbern mitunter die Augen ausgestochen oder ihnen werden die Sehnen durchschnitten, damit sie nicht weglaufen können. Anschließend schneidet man ihnen die Kehle auf, damit sie langsam ausbluten. Dies alles komplett ohne Betäubung. Hast du dir schon mal überlegt, dass es den Kälbern deines Bauern des Vertrauens vielleicht genauso ergeht?

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Selbige Problematik findet sich auch bei Eiern, Honig, Käse und jedem anderen tierischen Produkt. Ich hoffe, ich kann dich ein bisschen zum Nachdenken anregen. Bist du wirklich der Meinung, dass du eh nur tierische Produkte aus heimischer Haltung kaufst - oder gehst du damit einer unangenehmen Wahrheit aus dem Weg?

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Umweltproblematik. Wie schon öfters betont, ist der Umstieg auf eine vegane Ernährung mitunter der größte Schritt, den man als Einzelperson unternehmen kann, um seine Umweltbelastung zu minimieren. Die Herstellung von Fleisch, Aquakulturen, Eiern und Milchprodukten beansprucht 83% des weltweiten Ackerlands und ist verantwortlich für 56 - 58 % der Emissionen aller Lebensmitteln. In Österreich sind es rund 80% der landwirtschaftlich genutzten Flächen, die für die Nutztierhaltung genutzt werden. Leider sind uns für Südtirol alleine keine Daten verfügbar - aber es kann davon ausgegangen werden, dass es bei uns ähnlich ist wie in Österreich. Wir verwenden also so viel Fläche, um eigentlich so wenig zu produzieren. Und dabei stoßen wir noch unglaublich viele Schadstoffe aus.

Bild: Samuele Errico-Piccarini/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Derzeit investiert die Menschheit Millionen in Technologien, um Kohlenstoffdioxid irgendwie in Sauerstoff umzuwandeln und dadurch der Klimakrise entgegenzuwirken. Aber die Natur hat so eine Maschine doch schon längst kreiert: ein Baum. Anstatt sie für die Tierzucht zu verwenden, könnten wir riesige Areale neu bewalden. Anstatt einen Bauern für Milchproduktion zu subventionieren, subventionieren wir ihn für die Wiederbewaldung seines Landes. So könnte ein massiver Beitrag zur Bewältigung der Umweltproblematik geleistet werden - ein Vorschlag, der schon von unzähligen ExpertInnen vorgebracht wurde.


In Südtirol ist es also gar nicht so anders, als wir es vielleicht glauben wollen. Nicht nur, weil die gängigen Praktiken weltweit dieselben sind, sondern der Großteil der Produkte sowieso aus der Massentierhaltung stammt. Dem Konsumenten bleibt dieses Wissen oft verwehrt - der Industrie und den Tieren leider nicht.

Veröffentlicht am 14.12.2020