Soja erhöht das Brustkrebsrisiko und verweiblicht Männer.

Leider immer noch ein geläufiger Mythos, der viele Menschen davor abschreckt, gesunde Produkte wie Tofu, Soja-Drinks oder Tempeh zu sich zu nehmen. Die Sojabohne enthält Phytoöstrogene, also sekundäre Pflanzenstoffe, wie Isoflavone und Lignane. Da diese Stoffe strukturelle Ähnlichkeiten mit menschlichen Östrogenen haben, wurden sie früher fälschlicherweise als funktionell gleichwertig angesehen.

Glücklicherweise ist dieser Mythos mittlerweile lange entkräftigt: Tatsächlich agieren die Phytoöstrogene im menschlichen Körper als sogenannten Selektive Estrogenrezeptormodulatoren (SERM). Also teils genau gegenteilig zum Hormon Östrogen.

Der Hintergrund dazu: wir Menschen besitzen zwei Arten von Östrogenrezeptoren - ERα und ERβ. Vereinfacht kann gesagt werden, dass ERα das Zellwachstum steigert, während ERβ dies verhindert (auf zellulärer Ebene sind die Vorgänge natürlich viel komplexer als hier beschrieben). Phytoöstrogene haben die Fähigkeit, ERα zu blockieren und ERβ zu aktivieren. Durch die Blockade der wachstumsfördernden Rezeptoren kann auch das eigentliche Östrogen weniger wirken - dadurch erklärt sich der protektive Effekte von Sojakonsum auf hormonabhängige Krebsarten wie Brustkrebs (Xie et al., 2013; Chen et al., 2014). Auch die Überlebenswahrscheinlichkeit nach diagnostiziertem Brustkrebs wird erhöht, wie die Shanghai Breast Cancer Survival Study zeigte (Shu et al., 2009).

Übrigens, synthetische SERMs werden auch in der Osteoporose- (Raloxifen) oder in der Brustkrebstherapie (Tamoxifen) eingesetzt.

Bild: Eiliv-Sonas Aceron/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Weiters zeigen Untersuchungen an Kindern/Jugendlichen, dass eine erhöhte Aufnahme von Isoflavonen und Ballaststoffen zu einem späteren Einstieg in die Pubertät führt (Cheng et al., 2010). Dies wirkt sich indirekt positiv auf das Brustkrebsrisiko aus - da die reproduktionsfähigen Jahre gesenkt werden und somit das Brustgewebe geringere Zeit hohen Östrogenspiegeln ausgesetzt wird (Berkey et al., 1999). Auch eine erhöhte Aufnahme von tierischem Protein führt zu einem früherem Einstieg in die Pubertät (Günther et al., 2010). Pflanzliches Protein hingegen hat einen gegenteiligen Effekt (Günther et al., 2010).

Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 2018, welche 30 Einzelstudien zusammenfasste, kam zu dem Ergebnis, dass Sojakonsum auch das Risiko für Männer an einem Prostatakarzinom zu erkranken verringert. Männer mit dem höchsten Sojakonsum hatten ein um 29% niedrigeres Risiko. Unfermentierte Produkte erwiesen sich dabei als besonders wirkungsvoll - sie führten zu einer Risikoreduktion um ganze 35% (Applegate et al., 2018). Umgekehrt scheinen Männer mit dem höchsten Milchkonsum ihr Risiko an einem Prostatakarzinom zu erkranken um bis zu 65% zu steigern. (Shin et al., 2019)

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Ziemlich männliche Angelegenheit diese Sojabohne. Apropros Männlichkeit: Während Milchprodukte mit einer schlechteren Samenqualiät in Verbindung stehen, scheint der Konsum von Obst und Gemüse protektiv auf die männlichen Spermien zu wirken. (Afeiche et al., 2013, Mendiola et al., 2009)

Unter dem Strich scheint also genau das Gegenteil der Fall zu sein: Der Konsum von Sojaprodukten verringert nicht nur das Brustkrebsrisiko und das Rezidivrisiko von Frauen, sondern hilft Männern auch noch dabei einem Prostatakarzinom vorzubeugen.

Den Mythos rund um das Östrogen im Soja haben wir jetzt hoffentlich ausreichend entkräftigt. Aber tatsächlich gibt es ein Produkt, das echtes Östrogen enthält. Und wir Südtiroler konsumieren es meist täglich. Die Rede ist von der Kuhmilch. (Hartmann et al., 1997)

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Ein Tier, welche gerade erst ein Kalb zur Welt gebracht hat - und meist gleich darauf wieder zwangsgeschwängert wird - ist vollgeladen mit tierischen Östrogenen. Und diese finden unweigerlich den Weg von ihren Eutern in dein Glas Milch. Bei Fakten findest du Hinweise, dass Milchkonsum - unter anderem auch aufgrund dieser Östrogene - in Verbindung mit hormonsensitiven Tumoren wie Brust-, Eierstock-, oder Prostatakrebs steht.

Wenn du das nächste Mal vor dem Milchregal stehst überlege dir also, zu welcher Sorte du greifen willst.

Veröffentlicht am 28.09.2020