Tiere essen ist Teil unserer Kultur

Klären wir die Bedeutung der Begriffe Kultur und Tradition bevor wir auf diese in Bezug auf den Konsum von tierischen Produkten zu sprechen kommen. Kultur, also die "Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft" gibt uns ein Gefühl der Zugehörigkeit aber auch der Faszination, wenn wir auf die Kulturen anderer Länder blicken. Tradition beschreibt "etwas, was im Hinblick auf Verhaltensweisen, Ideen, Kultur o. Ä. in der Geschichte von Generation zu Generation (innerhalb einer bestimmten Gruppe) entwickelt und weitergegeben wurde (und weiterhin besteht). Beides, Kultur und Traditionen können erstaunliche und wunderschöne Dinge hervorbringen und dem Einzelnen helfen ein Teil der Gemeinschaft zu werden. Traditionelle Tänze und Musik sind nur zwei Beispiele für faszinierende kulturelle Traditionen. Leider werden eben diese Begriffe oft als Rechtfertigung für schreckliche Praktiken missbraucht.

Bild: Jess Lindner/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Weil die meisten Menschen sich sehr verbunden mit "ihrer" Kultur fühlen, ist das Ansprechen auf problematische Handlungen als Teil einer Tradition eine heikle Sache und wird meist nicht geduldet. So ist es dazu gekommen, dass Menschen die eine Tradition oder kulturelle Handlung verteidigen oft selbst keine wirkliche Rechtfertigung für diese Tradition haben. Die Tatsache, dass die Handlung eine Tradition ist und Teil "ihrer" Kultur, scheint genug Grund dafür zu sein, diese nicht zu hinterfragen. Kultur und Tradition scheint in den Köpfen vieler Menschen moralische Grundsätze außer Kraft zu setzen. Sklaverei, Frauenbeschneidung, Steinigung und die Verheiratung minderjähriger Mädchen sind einige der schrecklichsten Teile unserer Geschichte - auch sie fallen bzw. fielen unter die Begriffe Kultur und Tradition. Wir sehen an diesen Beispielen, dass nichts moralisch weniger verwerflich wird, nur weil man dasjenige schon seit jeher praktiziert.

Wir müssen lernen, Handlungen zu hinterfragen, egal ob von einem geliebten Menschen oder der ganzen Gesellschaft.

Natürlich ist es nicht leicht sich, scheinbar alleine, gegen eine Gruppe von Menschen zu stellen bei denen wir uns zuhause und sicher fühlen. Doch wir müssen uns fragen ob wir uns unserer Kultur und ihrer Traditionen so nahe fühlen, weil wir sie wirklich schätzen oder weil wir auf die Geborgenheit der Gruppe nicht verzichten wollen. Wir müssen hinterfragen und sicher stellen dass wir nicht gedankenlos mit dem Strom schwimmen sondern im Einklang mit unseren moralischen Werten handeln. Unsere Taten machen aus wer wir sind. Unser Handeln sollte überlegt und im Einklang mit unseren moralischen Werten sein. Es ist keine Schande unmoralisches Handeln nicht sofort zu erkennen wenn wir vom Schleier der Kultur getäuscht werden doch etwas nicht wissen zu wollen und sich gegen die Wahrheit zu verschließen macht uns ignorant.

Bild: Forest Simon/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Sehen wir uns an diesem Punkt einige fragliche Traditionen an, von denen sich viele Veganer wünschten, dass sie bereits der Vergangenheit angehören würden.

Wenn das jährliche Osterlamm vor der ganzen Familie angerichtet wird will keiner daran erinnert werden dass dieser Osterbraten ein nicht einmal 6 Monate altes Babyschaf ist, dessen Leben viel zu früh beendet wurde. Stopfleber ist wohl eine der schrecklichsten Endresultate von Tierquälerei die es immer noch gibt. Die Leber von Enten und Gänsen schwillt durch das Zwangsfüttern "Stopfen" auf das 10-fache ihrer Normalgröße an. Häutungen von noch lebenden Tieren, für die Produktion von Fell. Obwohl oft vertuscht, gibt es Aufzeichnungen von Tierschützern, die das Gegenteil beweisen. Hundekämpfe, bei denen die Tiere sich nach dem Kampf oft nicht mehr selbstständig aufrichten können sind immer noch für viele Menschen eine Unterhaltungsveranstaltung. Stierkämpfe sind immer noch in vielen Ländern erlaubt. In der Arena werden ihm so viele Widerhaken in den den Körper gerammt, bis er so geschwächt ist, dass der Matador ihn töten kann. Leider sind diese "Traditionen" nicht die einzigen, die nach wie vor das Leid und den Tod von tausenden Tieren verursachen. Oder zum Schluss das jährliche Abschlachten der Wale auf den Färöer Inseln. Dort werden trotz des Wahlfangverbots in den Sommermonaten bis zu tausend Delfine und Wale zusammengetrieben und dann mit Stichen in ihre Luftlöcher getötet. Das Wasser färbt sich rot während die Wale an den Stränden verbluten.

Bild: Todd Cravens/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Wir haben den menschenrechtlichen Aspekt einiger Kulturen schon angeschnitten. Dabei haben wir gesehen, dass Kultur eine Tat nicht moralisch richtig machen kann. Wenn wir Taten mit Kultur rechtfertigen und dadurch nicht als unmoralisch ansehen, müssen wir in diesem Denken konsequent bleiben. Doch bei tierrechtlichen Bestreben in Traditionen einzugreifen schalten die meisten Menschen auf stumm. Sie wollen auf traditionelle Gerichte nicht verzichten und sehen auch kein Problem damit. Hier muss man sich jedoch fragen: Wenn ich in einem Land bin, in dem Hunde essen ein Teil der dortigen Kultur sind, würde ich mich an den Tisch setzen und genüsslich einen Golden Retriever Burger verzehren? Die meisten würden das nicht. Demnach ist nicht die Kultur der ausschlaggebende Grund wieso etwas nicht als schlimm empfunden wird. Sondern die Nähe des Leids. Nur weil wir nicht tagtäglich das Leid in Schlachthäusern miterleben, heißt das nicht, dass es keines gibt.

Veröffentlicht am 07.09.2020