Tierhaltung und COVID-19

Was hat Tierhaltung mit der derzeitigen COVID-19 Pandemie zu tun? Die Antwort ist einfach: sehr viel!

Schlüsselerkenntnisse:

  • bei COVID-19 handelt es sich - mit großer Wahrscheinlichkeit - um eine zoonotische Krankheit (von Tieren auf den Menschen übertragen)

  • 75% aller neuen Infektionskrankheiten des letzten Jahrzehnts werden, laut WHO, als zoonotischen angesehen

  • neue Nachrichten zu hinterfragen ist wichtig - ein Grundvertrauen in die Wissenschaft allerdings ebenso

  • wir alle können aktiv gegen diese Pandemie vorgehen - wir müssen tierische Produkte von unserem Speiseplan streichen

COVID-19 gehört zu den zoonotischen Krankheiten - also Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Experten weltweit sind sich darüber einig, der wisschenschaftliche Konsensus ist klar - dennoch bezweifelt ein immer größerer Teil der Allgemeinbevölkerung diesen Fakt.

Zu den Zoonosen gehören auch Erkrankungen wie MERS, SARS, AIDS, die Schweine- oder die Vogelgrippe. Während man von den meisten dieser Krankheiten mittlerweile den Ursprungswirt kennt, ist er im Falle von SARS-CoV-2 noch nicht abschliessend geklärt. Fledermäusen werden als wahrscheinlicher Ursprung angesehen - aber auch andere Säugetiere kommen in Frage (Salata et al., 2020).

Man weiss also, dass der aktuelle Coronavirus aus dem Tierreich stammt und über ein paar Zwischenschritte auf den Menschen übertragen wurde. Lediglich der genau Ursprungswirt ist noch nicht geklärt. Eine Unsicherheit, die leider vielen Meinungsmachern in sozialen Netzwerken genügt, um dubiose Verschwörungstheorien in die Welt zu setzen.

Bild: Jo-Anne McArthur/ We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Ob durch China als Waffe ausgesetzt, aufgrund von 5G-Masten oder doch, weil Bill Gates die ganze Welt durch eine Impfung ,,Brainwashen'' will - die Theorien über den Ursprung des Virus kennen keine Grenzen.

Während die ein oder andere Verschwörungstheorie vielleicht noch irgendwo auf einer fehlgeleiteten Halbwahrheit basiert, entbehren die allermeisten jedoch leider jeglicher Logik und Vernunft.

Niemand scheint mehr zu wissen, wem oder was man glauben soll. Jeder kann überall seine Meinung äußern. Meinungsfreiheit ist wundervoll und eine grundlegende Säule in unserer Gesellschaft. In Zeiten des Internets und der globalen sozialen Vernetzung wird sie aber umso gefährlicher, wenn Menschen ihren Verstand abschalten und sich anstatt von wissenschaftlichen Erkenntnissen durch unbegründete Verschwörungstheorien leiten lassen.

Wir wollen nicht behaupten, dass diese neuartige Lungenerkrankung mit absoluter Sicherheit zoonotisch ist - genauso wenig wie ein Pilot sagen kann, dass sein Flugzeug mit hundertprozentiger Sicherheit nach dem Start auch wieder landen wird. Wir können uns nur auf die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen und auf Basis dessen rationale Schlüsse ziehen. Die allermeisten Menschen sollten damit eigentlich kein Problem haben - wir vertrauen den Ingenieuren und Physikern, dass sie das Flugzeug richtig gebaut haben, wenn wir in den Urlaub fliegen. Wir vertrauen den Meteorologen, dass sie das Wetter richtig ansagen, wenn wir eine Bergtour planen. Wir hinterfragen keine Maschinenbauer, wenn wir jeden Tag in unser Auto steigen, um in die Arbeit zu fahren. Aber wieso meint plötzlich jeder, Virologen und Epidemiologen hinterfragen zu müssen, wenn sie uns sagen, woher dieses Virus stammt?

Und selbst wenn eine dieser Verschwörungstheorien wahr sein sollte, so erscheint es uns erstens als ziemlich unwahrscheinlich, dass wir je etwas davon erfahren. Und zweitens könnten wir sowieso nicht viel dagegen unternehmen, wenn es denn tatsächlich so wäre. Es lässt sich also über den Sinn streiten, sich mit Dingen auseinander zu setzen, die eher unwahrscheinlich sind und gegen die man Wenig bis Nichts unternehmen kann.

Bild: Jo-Anne McArthur/ We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Wieso handeln wir also nicht lieber aktiv gegen Etwas sehr plausibles?

Selbst wenn dieses Virus aus einem Labor in Wuhan ,,entflohen'' wäre, ändert das nichts an der Tatsache, dass derselbe Virus - zumindest mit einigen nachvollziehbaren Mutationen unterschied - in Tieren nachgewiesen wurde. Es ändert auch nichts daran, dass laut WHO 75% aller Infektionskrankheiten des letzten Jahrzehnts als Zoonosen klassifiziert werden (Scientific American, 25.03.2020).

Die Tierhaltung, wie wir sie momentan betreiben, zählt nicht nur zu den Hauptrisikofaktoren für zahlreiche Erkrankungen (siehe Mythen und Fakten), sondern bietet Krankheitserregern auch eine optimale Brutstätte.

Was tust du, wenn du Fieber und Schnupfen hast? Wahrscheinlich bleibst du am liebsten daheim im Bett und ruhst dich aus. Aber jetzt stell dir mal vor, du musst dein Zuhause mit tausenden anderen Leuten teilen. Und dabei hast du so wenig Platz, dass du dich nicht mal hinlegen kannst. Noch dazu ist es laut, hektisch und es stinkt. du kannst dich nicht zurückziehen, und mit der Zeit werden alle um dich herum ebenfalls krank. Einige sind nicht so stark wie du - und sterben. Die Leichen bleiben aber liegen, wer soll sie auch wegräumen. Es ist ein Paradies für Krankheitserreger, sie können sich ungehindert ausbreiten und florieren. Sie mutieren vor sich hin und entwickeln Resistenzen gegen jedes Mittel, was du einnimmst. So kannst du dir das Leben in der Massentierhaltung vorstellen.

Bild: Jo-Anne McArthur/ We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Wildtiermärkte, wie jener in Wuhan sind dabei um nichts besser. Dort liegen Kadaver teils tagelang in der Sonne. Hygienevorschriften gibt es keine. Trotzdem brauchen wir nicht mit dem Finger darauf zeigen - wir machen genau dasselbe. Nur schaut da keiner hin.

Den Krankheitserregern ist es auch komplett egal, wen sie infizieren. Oft braucht es nur wenige Mutationen, bis ein Virus oder ein Bakterium für den Menschen gefährlich wird. Wenn wir so weiter machen wie bisher stellt sich also nicht die Frage, ob eine weitere Pandemie ausbricht. Die Frage ist leider nur WANN.

Gefährliche humanpathogene Keime entwickeln sich hier - und niemanden interessiert es.

Und worauf beruht überhaupt die Annahme, dass das Coronavirus in Wahrheit aus dem Labor kommen könnte? Dazu müssen wir kurz in die Virologie blicken.

Bevor ein Virus in eine Zelle eindringen kann, muss es zuerst mit speziellen Oberflächen-Proteinen, sogenannten Spike-Proteinen, andocken.

Wissenschaftler können Viren auf verschiedene Arten verändern. Man kann sie abschwächen oder gar ganz abtöten, z.B. um Impfungen herzustellen. Dabei werden die Spike-Proteine aber nicht verändert.

Viren kann man aber auch dahingehend verändern, dass man sie mit einem "Andock-Protein" eines anderen Virus kombiniert. Das Spike-Protein, welches das jetzige Coronavirus auszeichnet, hat zwar strukturelle Ähnlichkeiten mit seinen Vorgängern SARS oder MERS, doch weist es zusätzliche, andere Eigenschaften auf (scinexx.de, 28.05.2020). Diese Tatsache wirft scheinbar einige Zweifel auf, ob das Virus nicht doch aus dem Labor stammt. Es könnte ja sein, dass man das Coronavirus im Labor mit dem Spike-Protein eines anderen Virus kombiniert hat, um es gefährlicher werden zu lassen.

Der Makel an der Theorie: der jetzige Coronavirus besitzt ein Oberflächenprotein, welches bisher noch nie gesehen wurde. Zu dieser Besonderheit kann es nur durch Mutationen des Virusgenoms selbst kommen - die Menschheit ist bisher nicht in der Lage Oberflächenmerkmale so zu verändern.

Bild: Jason McLellan/ University of Texas at Austin

Natürlich ist es extrem schwierig als Laie die Wahrheit auszumachen, wenn selbst (vereinzelt) vermeintliche Experten die Herkunft des Virus anzweifeln. Dazu können wir dir nur die Worte von Christian Drosten - Virologe und einer der weltweit anerkanntesten Forscher auf dem Gebiet der Coronaviren - ans Herz legen:

"Ich bin Virologe und würde mich nie zu einem bakteriologischen Thema äußern. Und das ist ja für den normalen Zuschauer fast dasselbe, Viren und Bakterien, für einen Wissenschaftler aber nicht. Es geht sogar viel weiter. Ich würde mich auch nicht trauen, mich innerhalb der Virologie in dieser Breite und in dieser Meinungsstärke zu einem anderen Virus als dem Virus, an dem ich hier arbeite, zu äußern. Man kann die Literatur und die Fachkenntnis in diesem Gebiet nicht kennen, wenn man nicht absoluter Spezialist ist. Das ist der einzige Grund, warum ich als Person überhaupt in der Öffentlichkeit stehe. Nicht weil ich besonders schlau bin oder weil ich besonders gut reden kann oder irgendetwas, sondern weil ich als Spezialist an genau diesen Viren arbeite. Und was ich höre, zum Teil auch von scheinbaren Fachleuten, die sind sicherlich auch Fachleute auf ihrem eigenen Forschungsgebiet oder waren es, während sie noch berufstätig waren, das entbehrt jeder Grundlage. Das sind Allgemeinplätze, die nicht über eine oberflächliche Kenntnis von Studenten-Lehrbuchwissen hinausgehen. Und mit dieser Wissensbasis posaunt man dann Videos in die Öffentlichkeit und stärkt den gefährlichen Verschwörungstheoretikern, die auch zum Teil politische Agenden haben, den Rücken. Das ist unverantwortlich." (NDR info)


Die aktuelle Pandemie sollte uns allen Zeit zur Reflexion geben.

Anstatt den Fehler wie immer bei Anderen zu suchen, sollten wir uns einfach eingestehen, dass wir im Umgang mit unseren Planeten und all seinen nichtmenschlichen Bewohnern kläglich versagt haben. Wir können uns nicht weiter vor den Konsequenzen unseres Handelns verstecken. Wir können nicht weiter das Leben anderer Tiere auf so grausame Weise misshandeln. Uns geht es nicht darum, irgendeine Hippie-Ideologie zu vertreiben. Letztendlich geht es um nichts weniger, als unsere eigene Spezies zu retten.

Ein Artikel von Jared Diamond und Nathan Wolfe in der Süddeutschen Zeitung bringt es auf den Punkt: Solange Wildtiere für den menschlichen Verzehr oder andere Zwecke verwendet werden - nicht nur in China, sondern auf der ganzen Welt -, wird es weitere Epidemien geben (Süddeutsche Zeitung, 02.04.2020).

Bild: Jo-Anne McArthur/ We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Es geht nicht länger nur um dich selbst. Diese Pandemie betrifft uns alle. Warum müssen so viele Menschen und Tiere leiden, nur damit unser Hunger nach Fleisch und unser Durst nach Milch gestillt wird? Wir kriegen alle die Konsequenzen zu spüren. Aber DU hast die Macht, jetzt sofort etwas dagegen zu tun.

Wahrscheinlich geht es dir ähnlich wie uns. Wir wollen unsere Liebsten wieder umarmen als wäre nichts gewesen. Wir wollen uns bei einem High-Five nicht denken, dass wir uns schnellstmöglich die Hände waschen müssen. Wir wollen einfach unser altes Leben zurück.

Lass uns die nächste Pandemie verhindern, bevor sie ausbricht. Streichen wir Infektionskrankheiten von unserem Speiseplan.