Vegetarisch sein reicht ja wohl.

An alle Vegetarier: Seid stolz auf euch. Ihr habt bereits einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Auf Fleisch zu verzichten bedeutet Empathie für andere Lebewesen zu zeigen. Als Vegetarier trägst du schon einen großen Teil dazu bei, immenses Leid auf der Welt zu verhindern. Aber du kannst noch so viel mehr tun.

Ich war selber viele Jahre lang Vegetarier, bevor ich den Schritt zu einer vollständigen pflanzlichen Ernährung vollzogen habe. Lange Zeit war ich fälschlicherweise der Meinung, dass ich als Vegetarier im Einklang mit der Natur lebe. Ich gebe den Kühen ein schönes Leben, und im Gegenzug bekomme ich ihre Milch. Ich kaufe Bio-Freilandeier, denn die Hühner haben es gut, und ich krieg ihre Eier. Ich wünschte, ich hätte schon viel früher meine Augen dem Leid gegenüber geöffnet, dass ich dadurch immer noch verursache. Aus jetziger Sicht finde ich die Milchindustrie tatsächlich noch um einiges grausamerer als die Fleischindustrie. Auch wenn beide Hand in Hand miteinander gehen.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Milch:

Kühe sind genauso wie wir Menschen Säugetiere: weibliche Kühe müssen also ein Baby bekommen, damit sie Milch produzieren. Damit sich eine Milchkuh aus ökonomischer Sicht rentiert, muss sie also ständig gebären. Nach jeder vollzogenen Schwangerschaft wird sie neuerlich befruchtet, damit sie möglichst schnell wieder Milch produziert. Besonders als Frau kann man sich vielleicht annähernd den körperlichen, hormonellen und physischen Stress vorstellen, den so eine Dauerschwangerschaft bedeutet. Die Milchkühe werden auch nicht auf natürliche Weise befruchtet, sondern in den allermeisten Fällen künstlich inseminiert. Dabei fährt man ihr bis zum Ellenbogen in das Rektum, fasst den Uterus und spritzt Samen eines Zuchtbullen hinein. Das ist für die Kühe unglaublich schmerzhaft und gleichbedeutend mit einer grausamen Vergewaltigung. Manche Milchkühe sind dabei noch ganz jung.

Wenn eine Milchkuh dann ihr Kind auf die Welt gebracht hat, folgt die nächste Grauentat. Man entreißt ihr das neugeborene Kind. Schließlich wollen wir die Milch der Mutter.

Ängstlich und alleine gelassen in einer neuen, unbekannten Umgebung wird das Neugeborene weggesperrt und fortan mit Milchersatz (oft auf Basis von Palmöl, für das weltweit Regenwälder abgeholzt werden) großgezogen. Die Schreie der Mutter nach ihrem verlorenen Kind kann man noch Tage nach der Geburt hören und gehen sogar einem abgebrühten Milchbauern noch unter die Haut.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Für die Milchkuh geht das Leben so 4-5 Jahre dahin. Häufig leiden die Kühe noch dazu unter dem andauernden maschinellen Melken. Oft entzünden sich die Euter, aber darauf wird keine Rücksicht genommen. Damit die Kühe nicht durch Infektionen krank werden, bekommen sie Antibiotika. Es ist keine Seltenheit, dass beim Melken Eiter mit aus den Eutern kommt. Zum Glück regelt hier das Gesetz - pro Glas Milch darf eine Gewisse Grenze an Eiteranteil nicht überschritten werden. Immerhin - Prost!

Nach 4-5 Jahren lässt die Milchleistung nach, wodurch sich der Zweck einer Milchkuh erfüllt hat und sie in ein Schlachthaus - mit all den damit verbundenen Qualen - transportiert wird.

Und für die ganzen Kinder einer Milchkuh gibt es zwei Schicksale: handelt es sich um ein Weibchen, tritt sie in die Fußstapfen ihrer Mutter und ihr Körper wird systematisch für die nächsten Jahre ausgebeutet. Männliche Kälber, weil sie keine Milch produzieren, werden entweder auf der Stelle ihrer Geburt exekutiert (92.000-150.000 jährlich alleine im Vereinigten Königreich) oder sie werden gemästet und nach einigen Monaten zu Kalbfleisch verarbeitet - da die Nachfrage bei uns allerdings relativ klein ist, werden viele junge Kälber unter Strapazen zuerst nach Nordafrika oder Saudi Arabien transportiert, um dort unter grauenhaftesten Bedingungen geschlachtet zu werden.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Eier:

Ähnliche Szenarien spielen sich in der Eiindustrie ab. Männliche Küken legen keine Eier - sie bringen der Industrie also keine finanziellen Vorteile. Jedes Jahr werden deshalb 2,5 Mrd. Küken noch am ersten Tag ihres neu geschenkten Lebens getötet - häufig werden sie dabei einfach in einen großen Schredder geworfen.

Auch den Legehennen ergeht es nicht besser. Bis zu 30x häufiger als unter natürlichen Umständen durchlaufen diese Vögel den schmerzhaften Prozess des Eierlegens.

Übrigens: Bei einem Ei, da unbefruchtet, handelt es sich um das Menstruationsprodukt einer Henne. Soll also nochmal jemand sagen wir Veganer seien komisch - zumindest verzichten wir auf den Konsum von Menstruationsprodukten eines Vogels.

Bild: Jo-Anne McArthur/Animal Equality. Dieses Bild wurde verändert.

Unter natürlichen Bedingungen würde eine Henne nach dem Schlüpfen des Küken die Schale des Ei wieder essen. Darin befinden sich wichtige Mineralstoffe. Da wir ihr die Eier allerdings wegnehmen, leiden die meisten Zuchthennen unter katastrophalen Calciummangel - damit verbunden sind unter anderem häufig schmerzhafte Knochenbrüche.

Die natürliche Lebenserwartung einer Henne liegt bei 8 Jahren. In der Eiindustrie verlassen sie allerdings bereits nach 18 Monaten als Hühnerfleisch den Schlachthof.

Die Ei- Milch- und auch Honiggewinnung basieren alle auf dem gleichen Prinzip: der Ausbeutung anderer Lebewesen. Wir müssen endlich verstehen, dass keines dieser Tiere ihre “Produkte” für uns herstellt. Eine Kuh erzeugt Milch für IHRE Kinder, eine Henne legt ein Ei für IHREN Nachwuchs, und eine Biene produziert Honig für IHREN Stamm. Wir müssen endlich weg vom Gedanken, dass die ganze natürliche Welt für uns zur Ausbeutung da ist. Die Welt gehört nicht uns alleine.

Veröffentlicht am 30.11.2020