Wir haben schon immer Fleisch gegessen und uns deshalb zu dem entwickelt, was wir heute sind.

Diese Annahme ist die wohl am weitesten verbreitete. Es gibt nahezu keinerlei Zweifel daran, dass der Mensch in früheren Jahren Fleisch als Nahrungsquelle bezog. Dies war allerdings in den Anfängen der Menschheitsgeschichte (wahrscheinlich) auf Zeiten der Nahrungsmittelknappheit begrenzt.

Um dieses Argument aber valide widerlegen zu können, müssen wir einen kurzen Ausflug in eine frühere Welt machen:

Wie die meisten Menschen wissen, gehört der Homo sapiens (unsere Spezies) der Art der Menschenaffen an. Unsere nächsten Verwandten sind Orang Utans und Schimpansen - beides nahezu reine Pflanzenfresser und beide verbringen den Großteil ihres Tages in den Bäumen. Die Schlussfolgerung liegt also nahe, dass unsere Vorfahren ein ähnliches Verhalten an den Tag legten. Und in der Tat traf dieser Tagesablauf vor Millionen von Jahren ziemlich genau zu. Wahrscheinlich durch eine Nahrungsmittelknappheit bedingt, wurden unsere Ur-Ur-Ur-Großeltern gezwungen sich von den Bäumen zu verabschieden und auf den Boden nach Nahrungsmitteln zu suchen.

Bild: Valentin Jorel/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

In diesem Zeitabschnitt der Menschheitsgeschichte kam es glücklicherweise zu zwei Gegebenheiten, für die unsere Spezies bis heute dankbar sein muss:

Zum einen kam es - wahrscheinlich durch Zufall bedingt - zu einer Genmutation unseres Erbgutes. Die Genmutation betraf das Enzym Amylase, ein Schlüsselenzym für die Verdauung von Stärke. Dieses Enzym findet sich in zahlreichen anderen Tierarten genauso - dort jedoch lediglich in einem kleinen Organ im Bauchraum, der Bauchspeicheldrüse. Im Homo sapiens kann dieses zusätzlich im Speichel nachgewiesen werden.

Zum anderen - und mindestens genauso wichtig - vollbrachten es unsere Vorfahren das Feuer zu beherrschen. Diesem Kunststück sei dank, dass nun, erstens Nahrungsmittel konsumiert werden konnten, welche vorher für den Menschen ungenießbar waren (Hülsenfrüchte, manche Getreidearten, rohes Fleisch) und zweitens, dass unsere Nahrungsmittel erhitzt werden konnten.

Bild: Marc Renken/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Durch diese 2 ,,Zufälle’’ kam es nun zu einer nahezu unvergleichbaren Revolution. Dem Homo sapiens stand nun eine immense Bandbreite an Nahrungsmittel zur Verfügung. Eine Vielzahl ,,neuer’’ Pflanzenarten stand als Nahrungsquellen bereit. Auch wenn es doch manchmal zu Hungersnöten kam, war der Mensch nicht mehr auf einzelne Nahrungsmittel angewiesen. Durch das Hinzufügen der Hitze des Feuers wurde die Nahrung - im wahrsten Sinne des Wortes - vorverdaut. Aus diesem künstlichen Hinzufügen von Energie resultierte, dass unser Darm weniger Energie aufbringen musste, um an alle nötigen Nährstoffe zu gelangen. So konnte sich der Darm des Menschen im Laufe der Evolution verkürzen (Pflanzenfresser besitzen einen längeren Darm als Fleischfresser) - was zur Folge hatte, dass weniger Energie in den Darm, gesteckt werden musste. Trotzdem nahmen wir durch das höhere Nahrungsangebot mehr Kalorien zu uns.

Wohin ging nun die übrig gebliebene Energie? Diese konnte nun in die Entwicklung unseres einzigartigen Gehirns gesteckt werden, welches 20% der gesamten Kalorienzufuhr, trotz seines niedrigen Gewichtes von 2% der gesamten Körpermasse, in Form von Glucose verbraucht. Und voila: der moderne Mensch wurde geboren.

Bild: Marc Renken/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Dem gegenüber gestellt sei die Fleischesser-Hypothese, welche besagt, dass ein verstärkter Fleischkonsum unser Gehirn wachsen ließ. Dieser Theorie fehlt es allerdings an wissenschaftlichen Beweisen und sie ist auch nicht in der Lage alle übrigen Widersprüche aus dem Weg zu räumen.

Zusammengefasst kann davon ausgegangen werden, dass eine breitere Nahrungspalette (Genmutation) und das Vorverdauen der Pflanzen (Bändigung des Feuers) uns zu dem gemacht hat was wir heute sind.

Veröffentlicht am 24.08.2020