Milchprodukte sind wichtig für starke Knochen.

Walter C. Willett, einer der weltweit führenden Ernährungswissenschaftler und Professor für Epidemiologie an der Harvard Medical School, schreibt in seiner neuen Übersichtsarbeit, dass ein hoher Konsum an Milchprodukten keine Protektion vor Hüftfrakturen mit sich bringt (Willett/Ludwig, 2020). Diese Aussage trifft er nicht, weil er ein Gegner von hohem Konsum tierischer Produkte ist, sondern weil die Datenlage so scheint. Länder mit dem höchsten Milchkonsum stellen gleichzeitig diejenigen Länder mit den höchsten Hüftfrakturen dar (Hegsted, 1986; Willett/Ludwig, 2020, Figur 1). Dies mag auch aufgrund verminderter Sonnenexposition und damit verminderter Vitamin D Synthese liegen, doch ist ein niedriger Konsum durchaus vereinbar mit einem niedrigem Frakturrisiko.

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Eines der Hauptargumente für hohem Milchkonsum scheint dessen hoher Gehalt an Kalzium zu sein. Nicht viele Studien haben diesen Zusammenhang untersucht, da die meisten Supplemente Kalzium und Vitamin D gleichzeitig enthalten, doch zeigte eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2007, in welcher Kalzium-Supplemente einem Placebo-Präparat gegenübergestellt wurde, dass es keinen Unterschied in der Häufigkeit von Nicht-Wirbel-Frakturen gab, jedoch die Häufigkeit von Hüftfrakturen in der Kalzium-Gruppe signifikant höher (64%) war (Bischoff-Ferrari et al., 2007).

Eine weitere Studie, welche eine große Kohorte rückblickend auf ihren Milchkonsum während ihrer Jugendzeit (zwischen 13 - 18 Jahren) befragte, fand, dass Männer pro Milchglas/Tag, linear ein um 9% höheres Risiko für Hüftfrakturen im späteren Leben aufwiesen - dies nachdem alle weiteren Risikofaktoren miteinberechnet wurden. Bei Frauen schien dies nicht der Fall zu sein (Feskanich et al., 2014). Auch eine Kohorte von schwedischen Frauen kam zu denselben Ergebnissen: Frauen mit dem höchsten Milchkonsum wiesen die höchsten Frakturraten auf, wohingegen dies bei Männern nicht der Fall war (Michaëlsson et al., 2014).

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Außerdem fand eine Interventionsstudie, in welcher Jugendliche, über 18 Monate, entweder 3 zusätzliche Portionen an Milchprodukten oder weniger als 800mg Kalzium pro Tag zu sich nahmen, keinen Zusammenhang zwischen erhöhtem Milchkonsum und verbesserter Knochendichte (Vogel et al., 2017).

Als ob dies nicht genug wäre, zeigte eine Studie an 85.900 Frauen des Gesundheitswesens, dass erhöhter Konsum von Protein mit einem höherem Risiko für Unterarmfrakturen einherging. Diese Auffälligkeit fand sich nur für tierisches, aber nicht für pflanzliches Protein (Feskanich et al., 1996). Derselbe Zusammenhang fand sich auch in einer Studie, welche das Risiko für Hüftfrakturen in 16 Ländern untersuchte (Abelow et al., 1992).

Die Datenlage scheint erdrückend, doch die Milchindustrie ergibt sich nicht. Millionen werden in Marketing investiert. Studien werden designed, die das Gegenteil beweisen sollen - oder wenn unmöglich, mindestens Ungewissheit erzeugen sollen. Verwirrung und Marketing stellen ein geeignetes Werkzeug der Industrie dar, vor Jahrzehnten sahen wir bereits dasselbe Vorgehen an der Tabakindustrie. Dr. Milton Mills formulierte es einmal sehr passend: ,,Milch tut dem Körper gut ist keine Wissenschaft, sondern Marketing."

Referenzen

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