Wie die Industrien Studien designen.

Ernährungsangewohnheiten zu hinterfragen ist ein schwieriges Thema. Dabei stößt man nicht immer auf offene Ohren. Viele Menschen haben vorgefertigte Meinungen und lassen keine Kritik an ihrem Verhalten zu. "People love to hear good things about bad habits" (deutsch: Leute hören gerne gute Dinge übe ihre schlechten Gewohnheiten) trifft vor Allem in der Ernährung zu. Wenn du deinen Weg trotzdem auf diese Seite gefunden hast, dann bitten wir Dich nur um eines: sei offen. Lasse die Daten für sich sprechen und lasse Kritik zu, die du vielleicht gar nicht hören willst.

Du wirst dir sicher denken, dass wir sehr einseitig berichten und nur "pro-vegan"-Studien zitieren. Wo sind die "pro-Fleisch" und "pro-Milch"-Studien um "neutrale" Empfehlungen zu geben?

Bevor wir darauf eingehen, halte dir kurz folgende Analogie vor Augen: In den 50-iger Jahren war Rauchen fest in der Gesellschaft verankert. Tabakrauch wurde sogar als gesund verkauft und von Ärzten empfohlen. Mit der Zeit häuften sich Daten über die negativen Konsequenzen des Rauchens. Trotzdem dauerte es noch viele Jahre, bis das Rauchen endlich allgemein als ungesund anerkannt wurde. Warum? Zahlreiche von der Tabakindustrie finanzierte Studien konnten gegenteilige Daten vorweisen. Wenn ein Arzt also mit einer Studie über die negativen Konsequenzen des Tabakkonsum aufmerksam machen wollte, wäre er mit Aussagen wie diesen konfrontiert gewesen: "Aber Sie präsentieren ja nur einseitige Ergebnisse, zeigen Sie doch lieber mal die ganzen anderen Studien, die beweisen, dass Rauchen gesund ist!" Wir sehen leider viele Parallelen zur heutigen Ernährung.

Bild: Mathew MacQuarrie/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Wir können nicht leugnen, dass es zahlreiche Studien gibt, die unsere Standpunkte auf dieser Website widerlegen. Aber wir können sie darauf aufmerksam machen, dass viele dieser Publikationen von der Fleisch- und Milchindustrie finanziert werden. Die Lebensmittelindustrie hat leider nicht die Gesundheit der Bevölkerung im Sinn, sondern einen möglichst hohen Profit.

Wir basieren unsere Argumente auf großen und validen Studien aus anerkannten Fachjournalen. Nachfolgend wollen wir dir einige Beispiele geben, wie durch ein schlechtes Studiendesign die Daten verzerrt werden können. Kritiker einer pflanzen-basierten Ernährung verweisen leider häufig auf solche Studien.


  • TMAO (welches kurz bei Fakten angesprochen wird) ist ein Molekül, welches in Verbindung mit Atherosklerose und kardiovaskulären Erkrankungen steht (Mente et al., 2015; Wilson Tang et al., 2013, Figur 2). TMAO wird in unserer Leber gebildet, nachdem wir cholin-haltige Phospholipide zu uns genommen haben. Durch unsere Nieren wird es so schnell wieder ausgeschieden, dass das Level nach 2-4 Stunden wieder dort ist, wo es vor der Nahrungsaufnahme war (Wilson Tang et al., 2013, Figur 1).

Die Ei-Industrie (Eier enthalten cholin-haltige Phospholipide) macht sich die schnelle Ausscheidung zu Nutzen: In einer Publikation werden Probanden verglichen, welche viele oder wenige Eier konsumieren. Die TMAO-Level wurden gemessen, um zu untersuchen, ob ein hoher Ei-Konsum auch zu einer Erhöhung des TMAO-Spiegels im Blut führt. Der Haken dabei: die Messungen erfolgten erst nach 12 stündiger Fastenzeit (West et al., 2014). Wie wir wissen wurde zu diesem Zeitpunkt das überschüssige TMAO aber schon lange wieder ausgeschieden. So kann diese Studie behaupten, dass Ei-Konsum das TMAO-Level nicht steigert. Würde man die Messung direkt nach der Nahrungsaufnahme durchführen, käme diese Studie vermutlich zu ganz anderen Ergebnissen.

  • Die Paleo-Diät (sehr fleischlastig promotet) erfreut sich aktuell hoher Beliebtheit. Designen wir eine Studie, um sie in besonders gutes Licht zu rücken. Nehmen wir eine Gruppe von Probanden und ernähren sie über 12 Wochen gemäß einer Paleo-Diät (kein Getreiden, keine Hülsenfrüchte, keine Fertigprodukte). Vergleichen wir sie mit einer Kontrollgruppe, der wir einfach eine ungesündere Ernährung empfehlen. Nach 12 Wochen können wir den Paleo-Vertretern dann freudig erzählen, dass ihre Diät besser ist. Als i-Tüpfelchen verkauften sie die ungesunde Versuchsgruppe als eine Gruppe, welche eine mittelmeer-ähnliche Kost konsumierte. Nur wenn man sich die Nährstofftabellen der Studie anschaut, kann man verstehen, wie weit diese Kost von einer Mittelmeerkost entfernt war. Klingt unfair? Genau das haben schwedische Wissenschaftler im Jahr 2007 gemacht (Lindeberg et al., 2007).

Die Paleo-Gruppe nahm dabei nicht nur signifikant weniger Kalorien und gesättigtes Fett zu sich (durchschnittlich 451kcal/Tag und 5,3g gesättigtes Fett/Tag weniger), sondern aß auch wesentlich mehr Obst und Gemüse und keine gesüßten Drinks. Kein Wunder, dass hier die Paleo-Diät besser abschneidet als eine relativ ungesunde Vergleichsgruppe. Viele Paleo-Vertreter oder -Influenzer lesen leider oft nur die Abstracts der Studien, ohne die Methodik zu hinterfragen.

Bild: Forest Simon/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.
  • Schlechte Studien gibt es natürlich auf beiden Seiten, wie folgendes Beispiel zeigt. Nahrungsmittel, welche blutdrucksenkend wirken, sollten wir am besten täglich zu uns nehmen. Dazu zählen Leinsamen oder Wassermelonen (in großen Mengen). Rosinen zählen, nach jetzigem Wissensstand, nicht zu dazu. Trotzdem kann ein randomisierte, kontrollierte Studie zu dem Schluss kommen dass Rosinen blutdrucksenkend wirken, wenn man sie gegen Snacks, wie Keebler Cheez-It crackers oder Nabisco Chips Ahoy!, vergleicht (Anderson et al., 2014). Gegen solche Snacks würden wahrscheinlich die meisten Nahrungsmittel positiv abschneiden.

  • Schauen wir als letztes Beispiel noch die Verbindung von tierischen Produkten und Cholesterin an. Steigert das in deiner Nahrung enthaltene Cholesterin deine Cholesterin-Werte im Blut? Eigentlich sollte dies logisch sein: Nahrungs-Cholesterin, z.B. in Form von Eiern, wird aufgenommen und verteilt sich im Blut (Roberts et al, 1981; Sacks et al., 1984; Weggemans et al., 2001). Dieser Effekt scheint am stärksten in Personen ausgeprägt zu sein, welche normalerweise am wenigsten Cholesterin konsumieren (Hopkins, 1992, Figur 2 - kein Link vorhanden).

Das kann sich jetzt z.B. wieder die Ei-Industrie zu Nutzen machen. Wenn sie Probanden, die ohnehin schon sehr viel Cholesterin zu sich nehmen, ein Ei geben, wird der Cholesterinspiegel nicht weiter steigen. So kann man in einer Studie behaupten, Eier führen zu keiner Erhöhung der Cholesterinspiegel. Würde man aber Probanden, die sonst kein Cholesterin zu sich nehmen - wie z.B. Veganer - ein Ei geben, dann würde der Cholesterinspiegel drastisch steigen.

Des Weiteren steigern Eier den Cholesterin-Wert direkt nach einer Mahlzeit (Dubois et al., 1994). Auf längere Sicht stehen gesättigte Fettsäuren in einem engerem Zusammenhang mit Blut-Lipid-Werten (Clarke et al. 1997), insofern sie im Zusammenhang mit Cholesterin aufgenommen werden (Fielding et al., 1995, Tabelle 3 - kein Link vorhanden). Wird also eine Studie durchgeführt, in der Testpersonen Eier konsumieren, die Blut-Lipid-Werte aber erst am nächsten Tag gemessen werden, so wird kein Unterschied auffindbar sein.

Bild: Jo-Anne McArthur/We Animals. Dieses Bild wurde verändert.

Solche Studien führen Wissenschaftler der Ei-Industrie durch. Sei dir aber bewusst, dass du den Großteil deines Lebens in einem "Nach-dem-Essen-Zustand" verbringst und somit eine ständige Zufuhr von Cholesterin deine Cholesterin-Spiegel rund um die Uhr hoch hält. Außerdem sind die Lebensmittel mit dem höchsten Cholesterin-Gehalt meist gleichzeitig diejenigen mit dem höchsten Gehalt an gesättigten Fettsäuren.

Die Nahrungsmittelindustrie, welche cholesterin-haltige Lebensmittel wie Eier oder Fleisch gut darstellen will, kann auch Studien durchführen, in denen sie behaupten, dass ihre Produkte die Gefäßfunktion nicht beeinträchtigen. Dabei wird aber der Konsum von z.B. Eiern dem von Würstel oder Käse entgegengestellt. Richtigerweise müsste man solche Studien also so bezeichnen: Etwas ungesundes beeinträchtigt im Vergleich zu Etwas noch Ungesünderem die Gefäßfunktion nicht zusätzlich. Im Vergleich zu nicht-cholesterinhaltigen Lebensmittel verschlechterter der Ei-Konsum die Gefäßfunktion im selben Experiment jedoch schon (Njike et al., 2010).

Bild: Yoav Aziz/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Dies sind nur einige Beispiele, um dir zu zeigen, wie wirtschaftliche Aspekte die wissenschaftliche Arbeiten beeinflussen können.

Wer immer noch findet, dass wir die Datenlage zu einseitig darstellen: schickt uns eure "pro-Fleisch", "pro-Milch" oder "pro-Ei"- Studien und Artikel. Wir werden versuchen diese zu analysieren und freuen uns sehr auf konstruktive Gespräche.