Aber ich bin Sportler und brauche Proteine. Ich kann mich auf keinen Fall nur pflanzlich ernähren.

Im einem weiteren Artikel haben wir uns schon mit dem Thema beschäftigt, dass Menschen keineswegs auf tierische Produkte angewiesen sind um genügend Proteine zu sich zu nehmen. Aber wie schaut es mit Sportlern und Bodybuildern aus, welche optimal Muskeln aufbauen wollen?

Neuesten Studien zufolge liegt die optimale Proteinzufuhr bei 1,62 Gramm (CI = 1,2 - 2g) Protein pro kg Körpergewicht, Anderen zufolge zwischen 1 - 2,2 Gramm Protein pro kg fettfreiem Körpergewicht (Morton et al, 2018; Thomas et al., 2016). Eine höhere Proteinzufuhr scheint zu keinem Benefit im Muskelaufbau zu führen. Auch bei Ausdauersportlern scheint dies der Fall zu sein. Eine niederländische Untersuchung zeigte, dass die meisten Spitzenathleten die empfohlene Tagesmenge an Proteinen zu sich nahmen (Wardenaar et al., 2017).

Während eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2013 behauptet, dass die Gesamtproteinaufnahme des Tages am wichtigsten für den Muskelaufbau ist (Schoenfeld et al., 2013), behaupten andere Wissenschaftler, dass eine Proteinzufuhr von 20 bis 30 g nach einer Krafttrainingseinheit optimal sei - dies aber nur, wenn gleichzeitig die Aminosäure Leucin in ausreichender Menge (1,8 - 2 g) vorhanden ist. Leucin gehört zu den essentiellen Aminosäuren, also zu denjenigen Nahrungsbestandteilen, welche wir unbedingt mit der Nahrung zu uns nehmen müssen. Durch seine verzweigte Struktur, wird sie zusammen mit Isoleucin und Valin zu den Branched Chain Amino Acids (BCAAs) zusammengefasst. Diese Aminosäure vermag innerhalb der Muskelzellen mTOR (mechanistic target of rapamycin; früher: mammalian target of rapamycin) zu aktivieren und gewährt somit optimalen Muskelaufbau. Wird diese Mindestdosis von Leucin erreicht, so scheint es keinen Unterschied zu machen, woher das Protein stammt (Reidy/Rasmussen, 2016). Soviel zum Thema, dass mit Whey-Protein (Molkenprotein) bessere Erfolge erzielt werden.

Natürlich gibt es auch Studien, welche Vorteile von Whey-Protein (Molkenprotein) gegenüber pflanzlichem Protein, wie etwa aus Soja, zeigen. Der Großteil solcher Studien wird, wie du dir vielleicht denken kannst, von der jeweiligen Industrie (hier Milchindustrie) finanziell gefördert und weisen somit erhebliche Mängel in ihren Versuchsmethoden auf. Volek und Kollegen wollten mit einer Studie die Überlegenheit von Whey Protein gegenüber Soja-Protein zeigen, gaben den Probanden jedoch nur 20g des Soja-Proteins (Whey-Protein hat einen höheren Leucin-Anteil, dort reichen 20g), was dazu führte, dass die oben angegebenen 1,8 - 2 g Leucin nicht erreicht wurden und somit der ganze Versuch natürlich nicht von großem Sinn war (Volek et al., 2013). Andere Studien zeigen, dass Sojaprotein ähnliche Erfolge im Muskelaufbau feiert, wie Whey-Protein (Messina et al., 2018).

Bild: Victor Freitas/unsplash- Dieses Bild wurde verändert.

Zudem, wie schon an weiteren Stellen auf unserer Website erwähnt, kann eine fettreiche Ernährung deine Gefäßfunktion beeinträchtigen, was unweigerlich Anhaltspunkte dafür gibt, dass geschädigte Muskeln nach einer Trainingseinheit nicht optimal mit Blut versorgt werden und somit regenerieren können (Vogel et al., 1997; Bae et al., 2001; Keogh et al., 2005). Weiters kann die Regeneration durch Entzündungen beeinträchtigt werden. Diesbezogen belegen Studien, dass ein einziger Hamburger Entzündungsmarker (z.B. IL-6) um bis zu 70% steigern kann - dies kann durch die Zugabe von Avocado vermindert werden (Li et al., 2013). Nicht gerade optimale Regenerationsbedingungen.

Diesen Effekten kann eine pflanzliche Ernährung entgegenspielen. Verschiedene Pflanzenarten, wie z.B. die rote Bete, enthalten Nitrate, welche der Körper in Stickstoffmonoxid (NO) umwandeln kann, wodurch sich die Gefäße öffnen und optimale Performance gezeigt werden kann (Domínguez et al., 2017; Domínguez et al., 2018). Nitrate stehen hier im Zusammenhang mit Leistungssteigerung (Mosher et al., 2016), während dieselben Moleküle, sollten wir sie durch Fleischkonsum aufnehmen, in Verbindung mit Krebsauslösung stehen (Cantwell/Elliott, 2017). Im Bezug auf Entzündungen scheint eine pflanzliche Ernährung auch Vorteile zu bringen - und dies nicht nur gegenüber einer Junk-Food-Ernährung: Es wurde gezeigt, dass eine vegane Ernährung Entzündungsmarker besser senkt, als die offiziellen Ernährungsempfehlungen der American Heart Association (Shah et al., 2018). Schon nach 3 Wochen mit einer veganen Ernährung sanken bestimmte Parameter bei 604 Erwachsenen Studienteilnehmern um bis zu 29% (Sutliffe et al., 2015). Dies kann auch auf den Antioxidantiengehalt von Pflanzen zurückgeführt werden - im Durchschnitt liegt der Gehalt in Pflanzen 64 Mal höher als in tierischen Produkten (Carlsen et al., 2010). Kein Wunder, dass zahlreiche Studien belegen, dass die antioxidative Kapazität der Pflanzenwelt Müdigkeit verringern, Muskelschäden minimieren und dich so bei deiner Regeneration unterstützen kann (Tarazona-Díaz et al., 2013; Trombold et al., 2011; Hutchison et al., 2014; Bowtell et al., 2011; Howatson et al., 2009).

Bild: Alexander Redl/unsplash. Dieses Bild wurde verändert.

Weil immer mehr Menschen einen Wechsel zu einer vegetarischen Ernährung, aufgrund derer offensichtlichen gesundheitlichen Vorteile, wagen, sahen sich einige Autoren verpflichtet Abhandlungen darüber zu verfassen, ob und inwiefern diese Ernährungsweise schlechte Auswirkungen auf körperliche Leistungsfähigkeit haben könnten. Zwei dieser Studien zeigten keine Anhaltspunkte dafür, dass Menschen mit einer vegetarisch bzw. veganen Ernährung mit körperlichen Einbußen rechnen müssen (Barr/Rideout, 2004; Mariotti/Gardner, 2019).

Aktuell zeigte eine der neuesten Studien interessante Ergebnisse. Junge Frauen, welche auf tierische Produkte verzichten, schnitten dabei bei Ausdauerübungen signifikant besser ab als Mischköstlerinnen. Bei Kraftübungen hingegen, fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Teilnehmerinnen. Die Autoren verwiesen im letzten Satz darauf, dass diese Ergebnisse die generelle Annahme der Gesamtbevölkerung widerlegen (Boutros et al., 2020).

Solltest du diesen Ergebnissen immer noch nicht glauben und dir immer noch denken, dass du Fleisch brauchst um in Topform zu kommen, so kann dir die letzte Studie vielleicht noch weiter helfen. Die Autoren dieser Studie schlussfolgerten, dass eine ketogene Diät (minimaler Anteil an Kohlenhydraten bei hohem Anteil an Fetten und Proteinen) Menschen nicht empfohlen werden sollte, welche optimal Muskeln aufbauen wollen (Vargas et al., 2018).

Mit genügend Training, Ehrgeiz und Disziplin kann es jeder schaffen das Maximum aus seinem Körper rauszuholen, doch hoffen wir, dass wir dir hier einige zusätzliche Tipps mit auf den Weg für sportliche Verbesserungen geben konnten. Sportler wie Formel-1 Weltmeister Lewis Hamilton, Tennisspieler Novak Djokovic, MMA-Kämpfer Nate Diaz, Kraftsportler Patrik Baboumian, Abfahrtsspezialist Urs Kryenbühl oder der Ultramarathonläaufer Scott Jurek bringen alle trotz, oder vielleicht wegen ihrer pflanzlichen Ernährungsform Leistungen auf höchstem Niveau.

Referenzen

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